Normales humanes Hämoglobin besteht aus vier Polypeptidketten (Globin-Ketten) mit je einem Häm-Molekül. Im normalen humanen Hämoglobin bestehen die Globin-Ketten aus zwei Alpha- und zwei Nicht-Alpha-Ketten. Ungefähr 97% des Gesamt-Hämoglobins eines gesunden Erwachsenen sind Hämoglobin A (Alpha2/Beta2), der Rest wird durch HbA2 (Alpha2/Delta2) und HbF (Alpha2/Gamma2) gebildet.
Die Auftrennung der Hämoglobinfraktionen wird mittels HPLC-Methode durchgeführt. Bei Hämoglobinopathien werden die Hb-Fraktionen zusätzlich mittels Kapillarzonenelektrophorese aufgetrennt. Zusätzlich zur Hämoglobinauftrennung wird standardmässig ein Blutbild inkl. Reticulocyten, der Mentzer-Index, sowie ein Blutausstrich angefertigt.
Hämoglobinopathien sind Krankheitsbilder, die auf Grund von genetisch bedingten Hämoglobinanomalien entstehen. Im Gegensatz zu den Thalassämien (abnorme Mengen der Hämoglobinketten s.u.) handelt es sich dabei um strukturell abnorme Hb-Varianten. Genmutationen können alle Ketten des Hämoglobins betreffen. Die Mehrzahl anomaler Hämoglobine unterscheidet sich vom normalen Hämoglobin durch den Austausch nur einer einzelnen Aminosäure; beim Sichelzellhämoglobin S (HbS) ist z.B. Glutaminsäure durch Valin als sechste Aminosäure am N-terminalen Ende der beta-Kette ersetzt.
Gegenwärtig sind über 500 anomale Hämoglobine charakterisiert. Je nachdem, wo in den Globinketten eine Aminosäure fehlt, ausgetauscht oder zusätzlich eingebaut wird, und ob die Anomalie homo- oder heterozygot vorliegt, kann der Defekt zu unterschiedlichen Funktionsstörungen und klinischen Erkrankungen führen oder aber ohne klinische Symptome bleiben.
Thalassämien bezeichnen eine Gruppe hereditärer korpuskulärer hämolytischer Anämien, die durch Synthesehemmung der alpha- bzw. beta-Ketten des Hämoglobins, mit Folge des Überwiegens von beta-, gamma- oder delta-Ketten, entstehen.
Die ß-Thalassämie ist eine ererbte Erkrankung mit einer verminderten oder fehlenden Produktion von ß-Ketten (quantitativer Defekt), welche für die normale Struktur und Funktion des Hämoglobins essentiell sind. Diese Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine mikrozytäre Anämie, einen erhöhten HbA2-Anteil (>3.2%), sowie Targetzellen und einer Poikilozytose im Blutausstrich. Diese Diagnose ist mittels Hämoglobinauftrennung frühestens mit 6 Lebensmonaten möglich, da vorher keine beta-Ketten gebildet werden.
Bei heterozygoten Merkmalsträgern findet sich die klinische Bedeutung in der Tatsache, dass viele dieser Patienten oft jahrelang fälschlicherweise im Sinne einer Eisenmangelanämien therapiert werden. Weiters ist bei diesen Patienten die Abklärung der näheren Verwandtschaft und bei Kinderwunsch eine entsprechende genetische Beratung wichtig um die Zeugung homozygoter Merkmalsträger möglichst verhindern zu können.
Eine alpha-Thalassämie minima bzw. minor kann nur genetisch diagnostiziert werden. Die Auftrennung der Hämoglobinfraktionen ist dabei unauffällig.
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