Universitätsklinik für Chirurgie
Landeskrankenhaus
Müllner Hauptstraße 48
A-5020 Salzburg
Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Emmanuel, FACS
Email: k.emmanuel@salk.at
Über die letzten 40 Jahre ist es zu einem dramatischen Anstieg der Adipositas (Fettleibigkeit, Fettsucht) weltweit gekommen und heutzutage betrifft die Adipositas 500 Millionen Menschen weltweit. Eine Adipositas liegt nach der Definition der WHO (World Health Organization) ab einem Körpermasseindex (Body Mass Index, BMI) von 30 kg/m² vor (Tabelle 1). In Europa sind 10-20% der Männern und 15-25% der Frauen adipös und ungefähr die Hälfte der europäischen Bevölkerung ist übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m²) oder adipös.
Die Adipositas ist eine chronische Krankheit, die alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten betrifft. Die Ursachen der Adipositas sind multifaktoriell, und obwohl der Hauptmechanismus ein Ungleichgewicht zwischen Kalorien-Einnahme und Energie-Verbrauch ist, gibt es Hinweise für physiologische, biochemische und genetische Einflüsse.
Die Adipositas ist mit schweren metabolischen Erkrankungen (u.a. Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), erhöhte Blutfette (Hyperlipidämie), Leberverfettung, Gelenksbeschwerden und Erkrankungen der Atemwege (z.B.: obstruktives Schlafapnoe-Syndrom) assoziiert. Zusätzlich leiden adipöse Menschen häufig an einer Depression, Angststörung und niedrigem Selbstwertgefühl. Adipositas führt häufig zu einer schlechten Lebensqualität sowie zu einer Reduktion der Lebenserwartung.
Der Body Mass Index (BMI) ist der gebräuchlichste Marker für die Einteilung der Adipositas (Tabelle 1).
Diäten oder Medikamente sind relativ ineffektiv in der Langzeit-Behandlung der Adipositas und vor allem der morbiden Adipositas (Morbide Adipositas: BMI ≥ 40 kg/m2 oder BMI ≥ 35 kg/m2 verbunden mit Begleiterkrankungen). Häufig kommt es nach kurzer Zeit zu einer erneuten Gewichtszunahme (Jojo-Effekt), oft sogar über das Ausgangsgewicht hinaus.
Ab einem BMI ≥ 40 kg/m2 oder einem BMI ≥ 35 kg/m2 und vorhandenen Begleiterkrankungen (morbide Adipositas) kann eine Operation eine sinnvolle Behandlungsform sein.
Body Mass Index (BMI)-Einteilung
Kategorie | BMI (kg/m2) |
Untergewicht | < 18,5 |
Normalgewicht | 18,5 – < 25,0 |
Übergewicht | 25,0 – < 30,0 |
Adipositas Grad I | 30,0 – < 35,0 |
Adipositas Grad II | 35,0 – < 40,0 |
Adipositas Grad III | ≥ 40,0 |
Tabelle 1. Der BMI bezieht die Körper-Masse (Gewicht) auf das Quadrat der Körpergröße (kg/m2)
Chirurgische Therapie der Adipositas (Bariatrische Operation)
In vielen Studien wurde gezeigt, dass die Behandlung der morbiden Adipositas durch einen chirurgischen Eingriff zu einer ausgeprägten und dauerhaften Gewichtsreduktion führt und es zu einer Reduktion oder sogar Remission der meisten Adipositas-assoziierten Begleiterkrankungen kommt. Bei Erfüllung aller Voraussetzungen werden die Kosten der Operation von der Krankenkasse übernommen.
Voraussetzungen für eine bariatrische Operation
Abklärung vor der Operation
Bevor eine chirurgische Therapie der krankhaften Adipositas geplant werden kann, ist eine Reihe von Voruntersuchungen notwendig:
- Ausführliches Beratungsgespräch in der Spezialambulanz für
Adipositas-Chirurgie (Universitätsklinik für Chirurgie)
- Vorstellung an der Stoffwechsel-Ambulanz der Universitätsklinik für Medizin I
- Ernährungsmedizinische Beratung
- High-Resolution Manometrie
- Gastroskopie (Magenspiegelung) mit Bestimmung des Helicobacter pylori
(Magenkeim)
- Oberbauch-Ultraschall
- klinisch-psychologische Begutachtung (diese wird nicht von der Krankenkasse
bezahlt).
Mögliche Operationsverfahren
Weltweit nehmen die Adipositas-chirurgischen Eingriffe stetig zu (Abbildung 1).
An unserer Abteilung werden folgende Adipositas-chirurgische Eingriffe durchgeführt:
- Roux-en Y Magenbypass
- Omega-loop Magenbypass (One Anastomosis Gastric Bypass)
- Magenverkleinerung (Magensleeve-Resektion, Sleeve Gastrectomy)
- Operation bei erneuter Gewichtszunahme (nach vorangegangenem bariatrischem Eingriff)
Routinemäßig führen wir diese Adipositas-chirurgischen Eingriffe minimal-invasiv („Knopfloch“-Technik) durch.
Roux-en Y Magenbypass
Beim Magenbypass wird der Magen unter Bildung eines kleinen Vormagens (sogenannter Magenpouch) komplett durchtrennt. Dadurch kommt es zu einer starken Verkleinerung des Magenvolumens, sodass nur mehr kleine Portionen an Nahrung zugeführt werden können (Restriktion). Der restliche Magen, der Zwölffingerdarm und die oberen Dünndarmschlingen werden bei dieser Operation umgangen (Bypass), da eine direkte Verbindung des kleinen Magenpouches mit einer Dünndarmschlinge hergestellt wird. Durch diese Umgehung wird die Aufnahme der Nahrung aus dem Darm reduziert (Malabsorption). Durch den starken Gewichtsverlust sowie hormonellen Veränderungen der Darm-und Bauchspeicheldrüsen-Hormone kommt es zu einer Verbesserung von eventuell bestehenden Begleiterkrankungen, vor allem eines Diabetes mellitus.
Omega-loop Magenbypass (One Anastomosis Gastric Bypass)
Der Omega-loop Magenbypass funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie der Roux-en Y Magenbypass (Restriktion und Malabsorption), auch die Operation ist ähnlich. Während beim Roux-en Y Magenbypass 2 neue Verbindungen angelegt werden müssen, beinhaltet der Omega-loop nur eine Verbindung, wodurch das Komplikationsrisiko sinkt, die Effektivität des Gewichtsverlustes bleibt jedoch gleich.
Magenverkleinerung (Magensleeve-Resektion, sleeve gastrectomy)
Bei dieser Operationsmethode wird ein großer Anteil des Magens unter Bildung eines verbleibenden, schmalen Magenschlauches entfernt. Dadurch wird das Magenvolumen stark verkleinert, sodass nur mehr kleine Nahrungsmengen zugeführt werden können und rasch ein Sättigungsgefühl erreicht wird.
Zusätzlich wird das Hungerhormon Ghrelin, welches vor allem im entfernten Magenanteil gebildet wird, in der ersten Zeit nach der Operation vermindert produziert, sodass weniger Hunger verspürt wird. Da der abgetrennte Magenanteil entfernt wird, kann diese Operation nicht rückgängig gemacht werden.
Mögliche Folgen nach einem bariatrischem Eingriff
Allgemein
Magenbypass
Magensleeve-Resektion
Verhaltensregeln nach einem bariatrischen Eingriff
- Zuckerhältige Nahrung meiden
- Traubenzucker zum Ausgleich einer Unterzuckerung bereithalten (bei Hypoglykämie/Dumping-Syndrom)
Das Ausmaß des Gewichtsverlustes ist individuell verschieden und hängt von der Operationsmethode sowie von Patienten-Faktoren ab. Diese sind v.a. die dauerhafte Umstellung der Ernährungsgewohnheiten sowie eine ausreichende sportliche Betätigung.
Adipositas-chirurgische Eingriffe können im Langzeitverlauf versagen, wenn von Patienten-Seite keine Motivation besteht den Lebensstil und die Ernährungsgewohnheiten zu verändern. Keine dieser Operationsmethoden kann bei falscher Ernährung oder fehlender/mangelnder körperlicher Betätigung eine erneute Gewichtzunahme verhindern.
Nachsorge nach bariatrischen Operationen
Nach einer Adipositas-chirurgischen Operation ist eine lebenslange Nachsorge notwendig. Im ersten Jahr nach der Operation sind Kontrollen alle 3 Monate in der chirurgischen Spezialambulanz vorgesehen, dann halbjährlich und ab dem 3. Jahr nur mehr einmal im Jahr. Das Ziel dieser Nachsorge ist es, mögliche Mangelerscheinungen (z.: Eisen, Kalzium, Eiweiß, Vitamine) frühzeitig zu erkennen und sofort auszugleichen sowie Probleme /Fehler bei der Ernährung zu beheben. Es ist daher für die Gesundheit der Patienten wichtig, diese Kontrolltermine einzuhalten!
Zusätzlich wird in unserem Adipositas-Zentrum auch die Beratung und in weiterer Folge die Behandlung (Entfernung) überschüssiger Haut angeboten, welche sich nach massivem Gewichtsverlust bilden kann. Dadurch wird die Köperkontur wiederhergestellt. Dies erfolgt durch einen Plastischen Chirurgen unseres Teams.