Liquorneurologie

Liquor ist unser Fenster ins ZNS

Liquor cerebrospinalis, auch „Nervenwasser“ (englisch cerebrospinal fluid, CSF) genannt, umspült nicht nur das Gehirn und Rückenmark, sondern steht auch in Verbindung mit der Gewebsflüssigkeit aus dem Hirngewebe. Aus diesem Grund befinden sich im Liquor molekulare Komponenten von Nerven- und Gliazellen, die Informationen über krankhafte Prozesse im Hirngewebe liefern können.

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass der Liquor in der immunologischen Überwachung des zentralen Nervensystems (ZNS) eine wichtige Rolle spielt; dabei wandern hochspezialisierte Immunzellen aus dem Blut über spezielle Eintrittspforten der Blut-Liquor-Schranke in den Liquor-Raum ein. Im Falle viraler oder bakterieller Neuroinfektionen können so unmittelbar und sehr schnell effektive lokale Abwehrreaktionen eingeleitet werden.

Diese beiden Eigenschaften des Liquors wären von rein akademischem Interesse, gäbe es nicht noch den dritten Aspekt, und zwar, dass Liquor verhältnismäßig leicht in ausreichenden Mengen für ein breites Spektrum an Untersuchungen mittels Lumbalpunktion gewonnen werden kann.

 

Was sind unsere Ziele?

Wir wollen das „Fenster“ Liquor im Sinne einer möglichst frühzeitigen und definitiven Diagnosestellung bestmöglich nutzen, und durch eigene Forschung verbreitern. Unser Hauptinteresse gilt entzündlichen ZNS Erkrankungen unterschiedlicher Ursachen: Infektiös (bakterielle, virale/seröse Meningitiden/Meningoencephalitiden), autoimmun (Autoimmunenzephalitis, Multiple Sklerose) oder (para)neoplastisch/maligen (ZNS-Infiltration von Tumorzellen, ZNS-Lymphome).

Um ein möglichst vollständiges Bild über entzündliche Prozesse im ZNS zu erhalten, müssen sowohl die zelluläre Zusammensetzung als auch bestimmte humorale Parameter des Liquors berücksichtigt werden. Erste wichtige Hinweise über die zelluläre Zusammensetzung liefern die Liquorzellzahl und ein Blick durch das Mikroskop auf das Zytologie-Präparat, das durch einen groben Überblick über Art und Aktivierungszustand der Liquorzellen für die Differentialdiagnostik bereits sehr aufschlussreich sein kann.

Durch Zusammenschau mit Analysergebnissen diverser Parameter aus dem Liquor wie zum Beispiel Gesamteiweiß, Liquorzucker, Liquorlaktat, dem Liquor-Proteinprofil (i.e. quantitativer und qualitativer Nachweis von intrathekal gebildeten Immunoglobulinen), der Antikörper-Serologie (indirekter Erregernachweis) sowie Verfahren zum direkten Erregernachweis, kann in vielen Fällen die Verdachtsdiagnose labordiagnostisch bestätigt werden.

Schwieriger wird es, wenn es um die Abklärung bei Verdacht auf ZNS-Lymphome oder ungewöhnliche, sehr seltene Krankheitsbilder geht. Hier liegt die Bedeutung von Spezialmethoden, wie zum Beispiel der Durchflußzytometrie.

Die Methode der Durchflusszytometrie ist seit mehreren Jahren an der Universitätsklinik für Neurologie etabliert, hat ihren Stellenwert als wichtige Ergänzung zur Liquorzytologie und ist zentraler Bestandteil unserer Forschungsprojekte über Immunzellnetzwerke bei entzündlichen ZNS Prozessen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die LIQUORBIOBANK SALZBURG in Kooperation mit dem ZL-Labor für eine langfristige Aufbewahrung von Blut- und Liquorproben, die von PatientInnen für Forschungszwecke und zur Entwicklung neuer Diagnoseverfahren zur Verfügung gestellt wird. Diese ermöglicht i) weiterführende labordiagnostische Untersuchungen bei unklaren und chronischen Krankheitsverläufen, ii) ZNS Biomarkerforschung und Evaluierung neuer labordiagnostischer Biomarker-Assays, sowie iii) Beisteuern von Probenmaterialien für internationale Gemeinschaftsprojekte zu Diagnose, Prognose und Therapieansprechen auch bei seltenen ZNS Erkrankungen (z.B. Autoimmunenzephalitiden und ZNS Lymphomen). 

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Letzte Änderung: 18.10.2024
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