Universitätsinstitut für Neuroradiologie
Christian-Doppler-Klinik
Ignaz-Harrer-Straße 79
A-5020 Salzburg
Tel.: +43 (0) 5 7255 – 39001
Univ.Prof. Dr. Johannes Pfaff
Tel.: +43 (0) 5 7255 – 39000
Email: neuroradiologie@salk.at
Bei der interventionellen Neuroradiologie werden unter Durchleuchtungskontrolle therapeutische Maßnahmen an krankhaft veränderten Kopf- und Halsgefäßen vorgenommen.
In der Christian-Doppler-Klinik Salzburg werden diese Eingriffe von einem interdisziplinären Team erfahrener Ärztinnen/Ärzte der Neuroradiologie, Neurochirurgie und Neurologie durchgeführt.
Prinzipiell unterscheidet man Interventionen, welche die Gefäße entweder verschließen oder eröffnen.
I. Gefäßverschließende Therapien:
Indikationen sind meist angeborene Missbildungen der Gefäße, welche mit dem Risiko einer Blutung einhergehen.
a. Verschluss eines Aneurysmas mit Coils
Die Ursache einer Blutung in den Subarachnoidalraum ist nicht selten ein Aneurysma, das ist eine krankhafte Ausbuchtung der Gefäßwand. Primär erfolgt die Diagnose häufig mit der CT-Angiographie. Zur genauen Beurteilung der Beschaffenheit des Aneurysmas ist manchmal eine diagnostische Angiographie erforderlich.
Das sogenannte „Coiling“ erfolgt in Narkose. Nach Punktion der Oberschenkelarterie wird ein Katheter unter Durchleuchtungskontrolle und Gabe von Kontrastmittel bis in die Halsgefäße vorgeschoben. Mit einem Mikrokatheter werden dann mehrere, kleine, mit Platin beschichtete Drahtspiralen in das Aneurysma eingebracht und dort abgelöst. Durch den Reiz dieser Fremdkörper thrombosiert der Hohlraum des Aneurysmas.
Je nach Konfiguration des Aneurysmas kann zur Stabilisierung der Coils eine Gefäßstütze (Stent) erforderlich sein.
Bilder: Aneurysma der Arteria communicans anterior vor und nach Coiling
b. Verschluss einer arteriovenösen Malformation (AVM) mit endovaskulärer Embolisation
Eine AVM des Gehirns ist eine angeborene Missbildung, bei der das Blut von der Arterie direkt in die Vene fließt und damit der Kapillarkreislauf umgangen wird. In Folge entsteht ein stark durchblutetes Gefäßknäuels, welches als Komplikation zu einer Hirnblutung führen kann.
Eine AVM ist häufig asymptomatisch und wird gelegentlich zufällig bei einer MRT entdeckt. Sie kann auch die Ursache von plötzlichen, heftigen Kopfschmerzen oder epileptischen Anfällen sein.
Die minimal invasive Therapie der AVM wird in Narkose durchgeführt. Nach Punktion der Oberschenkelarterie wird unter Durchleuchtungskontrolle ein Mikrokatheter bis in die Gefäßmissbildung vorgeschoben. Dort wird ein Gewebeklebstoff (z. B. Onyx) injiziert, der in der AVM aushärtet und damit zu einem Verschluss der AVM führt. Manchmal sind mehrere interventionelle Eingriffe, eine ergänzende Operation oder eine Strahlenbehandlung („Gamma Knife“) erforderlich.
Bilder: Typische AVM vor und nach Embolisation
c. Verschluss einer duralen arteriovenösen Fistel (dAVF)
Durale AV-Fisteln sind angeborene oder erworbene Kurzschlüsse zwischen Arterien und Venen im Bereich der harten Hirnhaut (Dura). Sie können nach der Thrombose eines venösen Blutleiters im Gehirn entstehen. Durch den höheren Druck im Gefäßsystem kommt es zu einer Erweiterung der Venen mit dem Risiko einer Blutung.
Ein klinischer Hinweis für eine durale AV-Fistel kann ein pulssynchrones Ohrgeräusch sein.
Therapeutisch wird versucht, die AV-Fistel unter Erhalt der venösen Blutleiter zu veröden (Embolisation). Dabei wird in Vollnarkose unter Durchleuchtungskontrolle ein dünner Katheter von der Leiste bis in die Gefäße der Fistel geführt. Über diesen Katheter wird dann ein Embolisat injiziert, welches eine Verklebung der Fistelgefäße bewirkt. Je nach Größe und Ort der Fistel können mehrere Therapien notwendig sein. Als Klebstoff wird meist auch hier Onyx verwendet.
Bilder: Typische dAVF vor und nach Embolisation
II. Gefäßeröffnende Therapien bei Schlaganfall:
In 80% der Schlaganfälle ist die Ursache der Verschluss eines Hirngefäßes durch ein Blutgerinnsel (Thrombus). Um eine irreversible Schädigung des Hirngewebes zu verhindern, muss der Blutpfropf so rasch wie möglich aus dem Gefäß entfernt werden.
Zum Einsatz kommen Medikamente und mechanische Methoden.
a. Medikamentöse Thrombolyse:
Der optimale Zeitraum für die medikamentöse Lysetherapie ist bis zu 4,5 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome.
Bei der systemischen intravenösen Thrombolyse wird zur Auflösung des Gerinnsels ein Medikament mit einem rekombinanten Plasminogenaktivator ( rtPA) verabreicht. Durch die intravenöse Applikation der Wirksubstanz wird die Blutgerinnung generell herabgesetzt.
Alternativ wird bei der lokalen intraarteriellen Lyse mit einer kleinen Sonde das Medikament direkt in das verschlossene Blutgefäß injiziert. Diese Therapie ist noch wirksamer also die intravenöse Lyse.
b. Mechanische Entfernung des Blutgerinnsels.
Dieser Eingriff erfolgt in der Regel in Narkose. Ein dünner Schlauch (Katheter) wird von der Leiste aus bis an das verschlossene Gefäß geführt. Von dieser Stelle aus kann man nun das Blutgerinnsel absaugen oder mit einem kleinen Drahtgeflecht („Stent-Retriever“) aus dem Gefäß herausziehen und damit die Durchblutung des Gehirns wieder herstellen.
Wird dieses Verfahren in Ergänzung zur medikamentösen Therapie angewandt, dann sind die Chancen auf eine Rekanalisation des betroffenen Gefäßes noch deutlich höher.
Bilder: Sog. Hauptstammverschluss der rechten A. cerebri media vor und nach mechanischer Rekanalisation
III. Gefäßeröffnende Therapie bei nicht akuten Gefäßverengungen:
a. Ballondilatation (PTA, perkutane transluminale Angioplastie)
Durchblutungsstörungen des Gehirns durch Stenosen an der Halsschlagader lassen sich durch die Aufdehnung des Gefäßes mit einem Ballon wirksam therapieren.
b. Stentimplantation
Bei Bedarf wird zur Stabilisierung der Gefäßwand ein Stent (Maschengitter) implantiert, welcher das Gefäß dauerhaft offen hält. Diese interventionelle Methode kann in vielen Fällen die Operation ersetzen.
Bilder: Hirngefäß mit Stenose und nach Aufdehnung mit Ballon und Einlage eines Stents