Vera Paar ist nicht nur aufstrebende Wissenschaftlerin mit molekularbiologischer Ausbildung, sie besitzt auch den schwarzen Gürtel im traditionellen Shōtōkan Karate-Dō und nahm bereits an Staats-, Europa- und Weltmeisterschaften teil. „Mit fünf begann ich mit dieser Stilrichtung des Karate bei einem japanischen Lehrer“, erzählt sie und sieht Parallelen zu ihrer Forschungsarbeit: „‚Der Weg ist das Ziel’: Diesen Satz leben wir beim Karate, da das Training, das Voranbringen von Körper und Geist, selbst das Ziel ist – nicht ein Ziel, das einen Endpunkt hat und dahinter geht es nicht mehr weiter.
Und dies trifft auch auf die Forschung zu. Der Weg der Grundlagenforschung ist gleichzeitig das Ziel, da die Forschungsarbeit, die Erkenntnisse und Erfahrungen immer weiter voranschreiten und aufeinander aufbauen.“
Auch Zielstrebigkeit und Ausdauer sind gemeinsame Nenner von Vera Paars wissenschaftlichen und sportlichen Erfolgen. „Maturiert habe ich am Bundesgymnasium Nonntal in Salzburg, die naturwissenschaftliche Ausbildung erfolgte an der FH Oberösterreich in Wels und am FH Campus Wien.“ Das Doktoratsstudium (Dr.rer.nat.) macht sie nun im Zuge ihrer wissenschaftlichen Arbeiten an der Universitätsklinik für Innere Medizin II (Vorstand Univ.-Prof. Dr. Uta Hoppe) unter der Arbeitsgruppen-Leitung von Assoc.-Prof. Dr. Lukas Motloch über die Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg.
Neben der Auszeichnung „Nachwuchsforscherin des Jahres“ erhielt sie bereits Wissenschaftspreise in Gold und Silber für ihre Arbeiten. Die Wissenschaftspreise der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität werden jährlich im Rahmen des Wissenschaftsforums „Paracelsus Science Get Together“ vergeben. Heuer wurden die Preise hybrid, also am Standort Nürnberg mit Live-Zuschaltung des Salzburger Standorts verliehen. Zudem wurden ihre wissenschaftlichen Beiträge mehrfach für den Highlights-Vortrag im Bereich Basic Science der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) ausgewählt.
Sprühend vor Energie schildert Vera Paar ihre komplexen Forschungen am Herzmuskelgewebe:
„Einerseits beschäftigt sich unser Team der AG unter der Leitung von Assoc.-Prof. Dr. Michael Lichtenauer mit der translationalen Erforschung von Biomarkern bei kardiovaskulären Erkrankungen, also Herzkreislauf-Erkrankungen bei Personen, die zu uns in die Ambulanz bzw. auf die Station kommen. Analysiert wird die Zusammensetzung von Proteinen im Blut, auch inwieweit sie von der von Gesunden abweicht. Weiters beschäftigen wir uns in weiteren Studien, aus derzeit gegebenem Anlass durch COVID-19, mit dem Zusammenspiel von Entzündung und Blutgerinnung. Zum anderen geht es in unserer Grundlagenforschung um Kardiomyozyten, die Herzmuskelzellen. Diese findet in erster Linie an Maus- und Rattenmodellen statt. Seit rund drei Jahren untersuchen wir auch lebende menschliche Kardiomyozyten, welche aus kleinen Proben von erkrankten Herzen gewonnen werden. Die vorliegenden Projekte werden daher in Kooperation mit der Universitätsklinik für Herzchirurgie durchgeführt. So befasse ich mich in meiner Dissertation mit dem elektrophysiologischen Substrat von Patienten, bei denen der linke Herzmuskel verdickt ist.“
Die junge Forscherin fährt fort: „Findet ein krankheitsbedingter Herzklappenersatz statt, muss manchmal auch ein kleiner Teil des verdickten Herzmuskels entfernt werden, welcher den Blutfluss aus der Aorta behindern würde. Von diesem isolieren wir lebende menschliche Herzmuskelzellen. Dann können wir die Proteinzusammensetzung des Muskels und den Calcium-Haushalt untersuchen. Zudem analysieren wir, ob sich Narbengewebe gebildet hat und vergleichen dies mit gesundem Gewebe. Der Calciumgehalt ist wichtig, da er praktisch die Bahnen bereitstellt für die Ionenflüsse von einer Zelle zur anderen. So erregt eine Zelle die nächste; dies bewirkt das Relaxieren und Zusammenziehen des Herzens.
Bei der Untersuchung des Calciumhaushaltes werden isolierte frische Herzmuskelzellen in einem elektrischen Feld – zwischen 2 Elektroden – angeregt. Das dabei entstehende Signal wird in einer Kurve aufgezeichnet und kann anschließend interpretiert werden. „Diese Untersuchungen werden uns noch lange beschäftigen, denn es ist sehr schwer, die menschlichen Zellen zu isolieren. Wir wollen die Protokolle verbessern und noch mehr Informationen aus den Geweben herausholen.“ Zusätzlich wird auch die Konzentration von Proteinen mit Western Blot, einer proteinanalytischen Methode, untersucht.
Bei Vera Paars zweiter Leidenschaft, dem traditionellen Shōtōkan Karate-Dō handelt es sich wie beim erstmals olympischen „Sportkarate“ um eine Semikontaktsportart. Es ist aber in einem anderen Verband, der Shōtōkan Karate-Dō International Austrian Federation (SKIAF) organisiert“, erläutert sie. „Bei uns würden etwas andere Richtlinien gelten als beim sportlich orientierten Karate. Shōtōkan Karate-Dō ist zwar ähnlich, man kann die beiden Arten jedoch nicht verbinden. Daher haben wir eigene Meisterschaften.“ Paar ist auch Mitglied des österreichischen SKIAF-Nationalteams. Karate verbindet Körper und Geist, sie verschmelzen durch dynamische und kraftvolle Bewegungen zu einer Einheit. Erst kürzlich konnte das Training im Verein nach Corona wiederaufgenommen werden. Der Weg bleibt das Ziel.