„Das ist wahrscheinlich einer der schönsten Bereiche in der Medizin, weil wir Menschen zu Glück verhelfen können“, lächelt Dr. Michael Sommergruber. Der 61-Jährige ist an der Uniklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Leitender Oberarzt der Abteilung für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Abteilung helfen Paaren, deren Kinderwunsch sich aus diversen Gründen (noch) nicht erfüllt hat. „Es gibt immer wieder schöne Momente, in denen schwangere Frauen mir oder meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Freude weinend um den Hals fallen.

Seit 1992 gibt es diese Abteilung am Uniklinikum Salzburg. „Im Vorjahr hatten wir die 1000. Geburt“ nach erfolgreicher künstlicher Befruchtung, berichtet Dr. Sommergruber. Unter bestimmten Voraussetzungen werden 70 Prozent der Kosten für 4 Versuche übernommen – siehe weitere Facts.

Der unerfüllte Kinderwunsch ist aber nur ein Teilgebiet seiner Abteilung. Wichtige Tätigkeitsfelder sind Hormonstörungen bei Frauen (Endokrinologie) sowie die Diagnostik und Therapie des gewohnheitsmäßigen Abortus (Abortus habitualis), sprich: wenn mehr als drei Fehlgeburten vor der 22. Schwangerschaftswoche auftreten.

Auch die Fertilitätsprotektion bei Krebspatientinnen fällt in die Zuständigkeit der Abteilung von Dr. Sommergruber. „Dabei werden vor einer Chemotherapie Eizellen entnommen und entweder unbefruchtet oder befruchtet als bereits 5 Tage alte Blastocysten (Mehrzeller) bei minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stockstoff eingefroren.“ Auch die Entnahme von Eierstockgewebe zur Kryokonservierung ist möglich. Bei diesem so genannten Ovarian Tissue Banking (OTB) arbeitet das Uniklinikum Salzburg mit der Uniklinik Innsbruck zusammen.

Und schließlich betreibt die Abteilung für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Uniklinikum Salzburg auch die Transgender-Spezialambulanz. „In allen Bereichen haben wir rund 6000 Kontakte mit Patientinnen pro Jahr.“

Dr. Michael Sommergruber ist seit 2012 am Uniklinikum Salzburg. Davor war der gebürtige Linzer lange Jahre an der damaligen Landefrauenklinik in seiner Heimatstadt tätig, die heute Teil des Kepler Uniklinikums ist. Bereits 1994 konnte er dort erste Erfahrungen in der Reproduktionsmedizin sammeln.

2009 wechselte er als Primar an die gynäkologische Abteilung des LKH Gmunden. Als diese im Zuge der oberösterreichischen Spitalsreform aufgelöst wurde, holte der Vorstand der Salzburger Uniklinik für Gynäkologie und Frauenheilkunde, Prof. Thorsten Fischer, den ausgewiesenen Experten für Reproduktionsmedizin in die Mozartstadt.

Wie sehr die Expertise von Dr. Sommergruber geschätzt wird, zeigt sich auch daran, dass er im vergangenen Oktober zum Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie (ÖGRM) gewählt wurde. „Für mich war das natürlich eine große Ehre.“

Das große Ziel seiner Präsidentschaft: Netzwerken! „Ich werde die Zusammenarbeit mit zwei weiteren endokrinologischen Fachgesellschaften, der Österreichischen IVF-Gesellschaft und der Österreichischen Gesellschaft für Sterilität, Fertilität und Endokrinologie, suchen und vertiefen, um in einer Arbeitsgemeinschaft dann den Kontakt mit der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) zu intensivieren.“

Die Behandlung von unerfülltem Kinderwunsch ist aus ethischen Gesichtspunkten auch ein heikles Thema: „Vom Designerbaby gibt es in Österreich keine Spur. Hier wurde ein dicker rechtlicher Riegel vorgeschoben“, stellt Dr. Sommergruber klar. Aber natürlich arbeitet er eng mit der Einheit für Klinische Genetik am Uniklinikum Salzburg zusammen – zum Beispiel, wenn es um die Diagnostik und Therapie des Abortus habitualis oder um vorzeitige Menopause geht. „Wir untersuchen hier, ob es genetische Präsdispositionen gibt.“

Was den erfahrenen Reproduktionsmediziner nachdenklich macht: „Der Anteil der Frauen steigt, die über 40 Jahre alt sind und zu uns kommen.“ Hintergrund sei wohl die ständige internationale mediale Berichterstattung über meist prominente Frauen, die relativ bis sehr spät Kinder bekommen. „Hier wird immer suggeriert, das wäre alles kein Problem. Tatsächlich sind aber fast immer Eizellenspenden der Hintergrund. Und für diese gibt es in Österreich strenge gesetzlich Limitierungen.“ (siehe weitere Facts)

Auch wenn seine Arbeit Dr. Sommergruber viele Glücksmomente beschert – fordernd ist sie doch: Erholung findet er bei der Gartenarbeit im Haus in Bad Aussee, das er gemeinsam mit seiner Gattin bewohnt, die niedergelassene Gynäkologin ist. „In bin generell sehr gerne in der Natur – im Sommer wandere ich in den Bergen, im Winter fahre ich Ski.“ Auch mit seinen Kindern verbringt gerne Zeit.

Apropos Zeit: Die Arbeit in der Stadt Salzburg, das Haus im Ausseer Land … geht da nicht viel Zeit verloren? „Natürlich, aber ich höre im Auto fast ständig Hörbücher. Vor allem zu philosophischen Themen und Science-Fiction – da bin ich ein Fan“, verrät Dr. Sommergruber mit einem Augenzwinkern.

Weitere Facts:

  • Seit Ende der 1990er-Jahr übernimmt der IVF-Fonds, der vom Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) bestückt wird, 70 Prozent der Kosten einer IVF (In-vitro-Fertilisation – künstliche Befruchtung). Insgesamt 4 Versuche werden übernommen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Der Selbstbehalt pro Versuch beträgt dann in etwa 1.000 Euro. Die Frau darf nicht älter als 40 Jahre und der Mann nicht älter als 50 Jahre sein und es muss eine von vier Diagnosen erfüllt sein:
    • Tubarer Faktor: Die Eileiter sind so undurchlässig, dass die Eizelle nicht aus dem Eierstock in die Gebärmutter gelangen kann.
    • Endometriose: Eine meist gutartige, hormonelle und oft schmerzhafte chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, auch außerhalb der Gebärmutterhöhle vorkommt.
    • Hormonelle Dysregulation: Das PCO-Syndrom, eine hormonelle Störung, die zu unregelmäßigen Zyklen ohne Eibläschenreifung und Eisprung führt.
    • Male Factor: Ein auffälliges Spermiogramm des Mannes. Hier muss dann in den meisten Fällen - im biologischen Bereich - anstatt einer IVF eine ICSI (Intra Cytoplasmatische Spermien Injektion) Behandlung durchgeführt werden.
  • Bei Eizellenspenden werden einer Frau die mit dem Sperma des Partners befruchteten Eizellen einer anderen Frau eingesetzt. Diese In-Vitro-Befruchtung unterliegt in Österreich strengen Regeln:
    • Die Spende muss gerichtet erfolgen – das heißt: Spenderin und Empfängerin müssen einander kennen. Es darf keine fremde Eizelle aus einer Eizellenbank verwendet werden.
    • Die Spenderin muss unter 30 Jahren alt sein.
    • Die Empfängerin darf nicht älter als 45 Jahre alt sein.
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