Bettina Pflug-Wallner ist als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Teil des erfolgreichen Teams der Integrierten Versorgung Salzburg (IVS), die sich um chronisch psychisch Kranke zuhause kümmert: „In dieser Art der aufsuchenden Pflege kann man sehr selbständig arbeiten und Entscheidungen treffen. Die Tätigkeit ist auch ein Beispiel für die Einsatzmöglichkeiten der akademischen Pflege, ich habe den Bachelor of Science in Nursing berufsbegleitend an der PMU gemacht“, erzählt Bettina Pflug-Wallner. Nach der Matura hatte sie die Ausbildung zur diplomierten ‒ damals noch psychiatrischen ‒ Gesundheits- und Krankenpflegerin absolviert und war nach Tätigkeiten an der Universitätsklinik für Neurologie und für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik zur damals noch in der Projektphase befindlichen Integrierten Versorgung für das Bundesland Salzburg gestoßen.
Patientinnen und Patienten mit schweren psychischen, zum Teil chronifizierten Erkrankungen haben im Land Salzburg die Möglichkeit, zuhause behandelt zu werden: Ein neues Modell der aufsuchenden ambulanten Versorgung konnte in den letzten Jahren dank einer Initiative des Leiters der Uniklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Professor Wolfgang Aichhorn, zusammen mit der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Kardinal Schwarzenberg Klinikum (Schwarzach), dem Land Salzburg, der ÖGK und niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten erfolgreich etabliert werden. Wo ansetzen, damit die sogenannten Drehtürpatienten zu Hause wirklich Fuß fassen, im Idealfall sogar in den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt zurückkehren können, war die Frage. Das Hamburger Modell stand Pate. „Die Mitglieder der mobilen Teams kommen aus Medizin, Pflege, Psychologie und Sozialarbeit und decken zusammen das gesamte Behandlungsspektrum ab. Insgesamt konnten bereits 450 Patienten betreut werden, aktuell sind es 270. Ihnen wird die Reintegration in das Alltagsleben erleichtert und ihr persönliches Befinden verbessert sich deutlich“, berichtet Wolfgang Aichhorn.
Die Nachsorge, die stationäre Patientinnen und Patienten benötigen, wird durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IVS direkt zu den Betroffenen nach Hause in die Versorgungsregionen Nord (Stadt Salzburg, Flachgau, Tennengau) und Süd (Pongau, Pinzgau, Lungau) gebracht. Dieses Modell funktioniert im gesamten Bundesland, keine Region ist ausgeschlossen. Das Modell ermöglicht es den früheren stationären Patienten auch, allfällige Krisen zuhause durchzustehen. „Allein dies ist schon ein großes Erfolgserlebnis für die Betroffenen“, weiß Bettina Pflug-Wallner. „Die Evaluierung des Projektes zeigt, dass die Zahl der Akutaufnahmen und Unterbringungen, die stets mit Stress für Erkrankte und Klinikpersonal verbunden sind, um 70 Prozent reduziert werden konnten.“
Bettina Pflug-Wallner verabreicht mit hoher fachlicher Kompetenz Medikamente, führt wertvolle und vertrauensvolle Gespräche und begleitet Patientinnen und Patienten zu Arztbesuchen. Zudem unterstützt sie bei der Kommunikation mittels WhatsApp-Nachrichten und bei der effizienten Bearbeitung und Einreichung von Anträgen. „Die Pflege ist auch therapeutisch tätig“, erläutert sie. Besonders wichtig sei diese Art der Versorgung für Angehörige, die in den Prozess miteinbezogen werden. Sie brauchen ebenfalls oft Unterstützung und Betreuung im Umgang mit den Betroffenen. So kann die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter heikle Gespräche übernehmen, die ein Erkrankter seinem Angehörigen etwa als „Einmischung“ irrtümlicherweise übelnehmen könnte.
„Wir sind in diesem Modell multiprofessionell und nonhierarchisch organisiert, jeder ‚Case-Manager‘ hat einen ‚Shadow‘ als Vertretung. Die ärztliche Leitung hat Oberärztin Kathrin Langegger inne“, schildert Pflug-Wallner die Teamstruktur. „Wir koordinieren die Patientenbesuche jeder selber, diese werden entlang einer sinnvollen Route geplant. Auch in den Gebirgsgauen funktioniert diese Versorgung, sie wird dort durch die Psychiatrie des Kardinal Schwarzenberg Klinikums koordiniert. Überwiesen wird aus dem stationären Setting oder von niedergelassenen Fachärzten. In Salzburg Nord sind wir 9 Personen (6 Vollzeitäquivalente), wobei die Pflege die größte Gruppe mit vier Personen stellt. Durchschnittlich werden von einer Person 20 Patienten begleitet. Mittlerweile können wir auch Patienten in Altersheimen mitbetreuen und wir sind mit dem psychosozialen Dienst und anderen Institutionen vernetzt.“ Eine Ausweitung des Salzburger Modells der Integrierten Versorgung auf gerontopsychiatrische Patientinnen und Patienten, die teils dement sind, sei bereits im Gange. Auch kinderpsychiatrische oder Sucht-Patienten könnten so in Zukunft zu ihrem Vorteil zuhause betreut werden.
Bettina Pflug-Wallner ist neben ihrer Tätigkeit im Team der IVS Gesundheitsvertrauensperson sowie seit 1. Juli Regelwerks- und Journal Club-Beauftragte. Abseits ihrer beruflichen Aufgaben findet sie Entspannung in ihrem Garten, die Freizeit genießt sie mit ihrer Familie in den Bergen und Seen der Umgebung.