SALZBURG. Die Zahl der ambulanten sowie stationären Patienten mit Migrationshintergrund nimmt stetig zu. 2008 wurden 14% Nicht-ÖsterreicherInnen stationär im Landeskrankenhaus Salzburg versorgt. Dies entspricht beinah 10.000 stationären Patienten verschiedenster Herkunft. MigrantInnen verstehen zum Teil die deutsche Sprache sehr schlecht – so haben Sprachbarrieren im Gesundheitswesen wissenschaftlich nachgewiesene Auswirkungen auf die Versorgung und Behandlung von fremdsprachigen PatientInnen. Vorreiter war die Christian-Doppler-Klinik mit dem Service „Dolmetschen im Krankenhaus“, hier spezialisierte man sich auf die sprachlichen Übersetzungen. Im Landeskrankenhaus wurde danach das Projekt „Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus“ ins Leben gerufen. Es widmet sich hauptsächlich der Thematik „MigrantInnen in der Gesundheitsversorgung“ und bietet verschiedenste Services für MigrantInnen. Mit großem Erfolg – seit Beginn dieses Jahres waren insgesamt ca. 370 PatientInnen mit Migrationshintergrund in der SALK-weit angebotenen Sprechstunde.
Fact Sheet:
Migration als globales Phänomen
Behandelte PatientInnen mit Migrationshintergrund
Migration als globales Phänomen
Migration ist ein globales Phänomen. 2008 wurden weltweit ungefähr 200 Mio. Menschen als MigrantInnen gezählt. In Österreich sind ca. 10% der Bevölkerung ausländischer Herkunft – mit steigender Tendenz. Der Großteil der Menschen mit Migrationshintergrund lebt in Städten, über 32% davon in Wien. Der Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit und/oder ausländischem Geburtsort ist im Bundesland Salzburg regional unterschiedlich hoch. In der Stadt Salzburg leben über 25% MitbürgerInnen mit Migrationshintergrund. „Das Bundesland Salzburg befindet sich mit dem MigrantInnenanteil an dritter Stelle im Bundesländervergleich. Fast die Hälfte stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien (ohne Slowenien) und der Türkei. Wir sind in verschiedensten Bereichen bemüht sprachliche Barrieren zu verringern und so eine leichtere Eingliederung von MigrantInnen zu ermöglichen. Auch das Gesundheitssystem ist angewiesen sich um die Bevölkerung mit ausländischer Herkunft zu bemühen.“ betont Erika Scharer, Landesrätin für Gesundheit und Soziales.
Sprachbarrieren beeinflussen medizinische Versorgung und Behandlung
In vielen interkulturellen Studien konnte inzwischen ein vielschichtiger, komplexer Zusammenhang zwischen Migration und Gesundheit nachgewiesen werden. Sie alle weisen darauf hin, dass durch mangelnde Verständigung eine gute Behandlung gefährdet ist. So zeigen etwa Ergebnisse im Bereich der Schmerztherapie, dass PatientInnen mit Migrationshintergrund Gefahr laufen, unzureichende Schmerztherapie zu erhalten.
Weiters konnte gezeigt werden, dass Fremdsprachigkeit bei PatientInnen beispielsweise weniger Termine für Nachsorgeuntersuchungen, ein „Nicht-Einhalten“ von Nachsorgeterminen, vermehrte diagnostische Untersuchungen, geringere Therapietreue, sowie geringere PatientInnenzufriedenheit zur Folge hat.
„Durch den Einfluss von Sprachproblemen auf die Gesundheit entstehen erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem. Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus ist für uns ein gesundheitspolitischer Auftrag, dem die Gesundheitseinrichtungen gerecht werden müssen. Eine optimale medizinische Behandlung zu gewährleisten steht an oberster Stelle unserer Bemühungen.“ so Landesrätin Scharer über die Bedeutung des Projektes für das Land Salzburg.
Transkulturelle Kompetenz als Bestandteil des med. Versorgungssystems
Die steigende Anzahl an MigrantInnen spiegelt sich auch in den Patientenzahlen mit Migrationshintergrund am LKH wider. So wurden 2008 14% Nicht-ÖsterreicherInnen stationär im LKH Salzburg versorgt. Bei 9% der PatientInnen war die Muttersprache nicht Deutsch.
Aus diesem Grund hat sich das LKH Salzburg unter Beteiligung der Christian-Doppler-Klinik (CDK) dazu entschieden, ein Projekt zu initiieren, welches die MitarbeiterInnen dazu befähigen soll, der Herausforderung der Migration im Krankenhaus mit transkultureller Kompetenz zu begegnen und lokale Lösungen für ein globales Phänomen zu entwickeln. Die Ziele des Projektes sind neben der Steigerung der PatientInnen-/MitarbeiterInnen-Zufriedenheit, die MitarbeiterInnen im Umgang mit PatientInnen aus anderen Kulturen, bei der Integration von professionellen DolmetscherInnen und von Laien-DolmetscherInnen zu unterstützen. „Dazu wurde eine Organisations-Richtlinie entwickelt und implementiert, die den Umgang mit Dolmetschdiensten regelt.“ erklärt Univ.-Doz. Dr. Doris Mack, Leiterin der Stabsstelle Qualitäts- und Riskmanagement in den SALK, für die ein hoher Qualitätsanspruch an oberster Stelle steht.
Erweitertes Projekt „Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus“
Den Ursprung stellt das seit 2006 in der Christian-Doppler-Klinik angebotene Service „Dolmetschen im Krankenhaus“ dar. Dieses Angebot richtet sich an fremdsprachige PatientInnen und deren Angehörige, die nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. LaiendolmetscherInnen übersetzen verordnete Therapiemaßnahmen und Aufklärungsinhalte und machen sie für die PatientInnen verständlich.
Insgesamt 35 MitarbeiterInnen, die über spezifische Fremdsprachenkenntnisse verfügen, übersetzen derzeit für viele PatientInnen der Kliniken. Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen kommen aus unterschiedlichen Berufsgruppen. „Diplomkrankenpfleger Ajet Kastrati koordiniert die Einsätze der DolmetscherInnen in der CDK. Er ist selbst Migrant und beherrscht mehrere Sprachen aus dem Balkanraum. Neben seiner Projekttätigkeit arbeitet er als Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger auf der Neurologie. Sehr unterstützt wird er hierbei durch Univ.-Prof. Dr. Gunther Ladurner und Pflegedirektor DGKP Gerhard Salzlechner.“ weiß Pflegedirektorin Margret Hader.
Aufgrund der steigenden Notwendigkeit lokale Lösungen zur Versorgung von MigrantInnen zu entwickeln, initiierten Univ.-Doz. Dr. Doris Mack, Leiterin der Stabsstelle für Qualitäts- und Riskmanagement und Pflegedirektorin Margret Hader das Projekt „Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus“ auch im Landeskrankenhaus. Das Ziel sollte sein, die Kommunikation zwischen PatientInnen und MitarbeiterInnen in den verschiedenen Settings nachhaltig zu verbessern, um die Qualität der medizinischen Versorgung sowie Pflege und Betreuung von PatientInnen mit Migrationshintergrund positiv zu beeinflussen. „Wir sehen unseren Auftrag darin, den PatientInnen mit Migrationshintergrund den Zugang zum Gesundheitssystem Krankenhaus zu erleichtern. Die aktuellen Zahlen aus den MigrantInnen-Sprechstunden unterstreichen den Bedarf und die Notwendigkeit solcher Einrichtungen.“ betont Dir. Margarete Hader.
„Wir sehen die Lösungsansätze in der Versorgungsqualität von MigrantInnen nicht ausschließlich in der Unterstützung bei mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache. Beim Projekt „Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus“ war es uns wichtig verschiedenste Bereiche der MigrantInnen im Klinikalltag aufzuzeigen und zu verbessern.“ erklärt Herbert Herbst, Projektleiter „Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus“.
Laiendolmetscher als Unterstützung für MitarbeiterInnen
Das Projekt hat sich daher inhaltlich auch damit auseinandergesetzt, wie MitarbeiterInnen unterstützt werden können, um dieser Herausforderung mit Kompetenz begegnen zu können. So wurde eine Aufgabenbeschreibung für Laien-DolmetscherInnen entwickelt. „Laiendolmetscher sind MitarbeiterInnen aus ärztlichen und nicht-ärztlichen medizinischen Bereichen, welche sich freiwillig zum Dolmetschen melden. Sie können häufig selbst auf einen Migrationshintergrund verweisen und üben deshalb eine sehr wichtige Rolle im Bezug auf Kulturvermittlung aus.“ erläutert Herbst. Diese insgesamt 35 MitarbeiterInnen können auf einen Sprachenpool von 20 Sprachen verweisen und müssen eine eigene Fortbildung im Bereich des Dolmetschens besuchen. „Es gibt auch entsprechende Fortbildungsangebote zu den Themen Diversität, Migration und fremde Kulturen bzw. Religionen. Auch im Bereich der Seelsorge wurden Schwerpunkte erarbeitet.“ beschreibt Doz. Mack die Teilbereiche des Projektes. Hier wurde im Austausch mit den in Österreich gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ein Grundsatzpapier für Seelsorge und spirituelle Begleitung entwickelt. Auch ein spiritueller Waschraum ist im LKH noch geplant. Während des Projektes wurde die MigrantInnen-Sprechstunde, welche seit Jänner 2008 am LKH in den Sprachen Bosnisch, Kroatisch und Serbisch implementiert ist, in türkischer Sprache erweitert. Gerade dieses kostenlose Angebot für Information und Beratung in der jeweiligen Muttersprache wird von den MigrantInnen immer häufiger genutzt. Das Projekt zeigt auch auf, wie ethnische und kulturelle Vielfalt im Krankenhauspersonal als Chance und zusätzliche Ressource genutzt und integriert werden kann.
Kulturelle Unterschiede als Ursache für Mißverständnisse
DGKP Ajet Kastrati ist selbst Migrant und Diplomierter Gesundheits- und Krankenschwester in den SALK. Neben seiner Anstellung als Diplomkrankenpfleger auf der UK für Neurologie verbringt er viel Zeit in der MigrantInnen-Sprechstunde. „Nicht nur die sprachlichen Barrieren sind ein wesentliches Problem, auch die mangelnde Information über das österreichische Gesundheitswesen führt oft zu Mißverständnissen bei den MigrantInnen.“ weiß Ajet Kastrati. „In ihren Heimatländern gibt es das System von niedergelassenen Ärzten nicht, daher sind sie es gewohnt ins Krankenhaus zu gehen und sich nicht vorher bei einem Arzt untersuchen zu lassen.“ so Kastrati weiter. An dieser Stelle anzusetzen ist besonders wichtig - sowohl Simona Feierabend, Hasan Ali Armagan als auch Ajet Kastrati leisten hier mit ihrem Engagement wesentlich Aufklärungsarbeit. Eine enge Zusammenarbeit mit der Integrationsstelle des Landes hat sich als sehr hilfreich erwiesen.
Sprechstunden für MigrantInnen
Für Menschen mit Migrationshintergrund werden im Landeskrankenhaus und in der Christian-Doppler-Klinik Sprechstunden angeboten. So ist DGKS Simona Feierabend jeden Mittwoch, von 16.00-18.00 Uhr in der Präventionsstelle für Gesundheits- und Pflegeberatung erreichbar. Die Schwerpunkte liegen bei ihr in der Gesundheitsberatung und –vorsorge, Diabetes-, Ernährungs- und Blutdruckberatung und gerade sehr aktuell auch Impfinformationen.
Hasan-Ali Armagan ist Mitarbeiter des Informatik u. Medizintechnik. Er bietet die MigrantInnen-Sprechstunde jeden Donnerstag von 16-18 Uhr an. Seine Hauptaufgaben liegen in der Vernetzung und Koordination mit den ExpertInnen der SALK in türkischer Sprache und ist ein wesentlicher Kulturvermittler.
DKGP Ajet Kastrati berät und informiert in der Pflegedirektion an der Christian-Doppler-Klinik montags von 16-17 Uhr. . „Es ist schön zu sehen, dass Menschen mit Kommunikation geholfen werden kann“, berichtet Kastrati über seine Tätigkeit.
„Die MigrantInnen-Sprechstunde leistet einen wesentlichen Beitrag für die Umsetzung von transkultureller Kompetenz, zum besseren gegenseitigen Verständnis und zur Prävention bei PatientInnen mit ausländischer Herkunft.“ betont Projektleiter Herbst und freut sich über die große Nachfrage der Sprechstunden.
In den Sprechstunden am LKH wurden seit Beginn dieses Jahres bereits ca. 200 Kundenkontakte verzeichnet. Davon haben über 50 Gespräche in Türkisch stattgefunden. Das unterstreicht den Bedarf in dieser kulturellen Gruppe, da diese Sprechstunde erst im April 2009 implementiert wurde. Die Sprechstunde in der CDK wurden in diesem Jahr bereits von über 140 PatientInnen kontaktiert.
Bildrechte: SALK/Weinberger / Abdruck honorarfrei
Bild: Hasan Ali Armagan (Softwareentwickler) bei der Beratung (Türkisch-sprachiger SALK Mitarbeiter bei der Übersetzung)
Bilder PK Transkulturelle 2:
v.l.n.r.: Margarete Hader (Pflegedirektorin, Landeskrankenhaus Salzburg); Landesrätin Erika Scharer (Landesrätin für Gesundheit und Soziales); Univ.-Doz. Dr. Doris Mack, MSc (Leiterin Stabsstelle für Qualitäts- und Riskmanagement)
Bilder PK Transkulturelle 8: Univ.-Doz. Dr. Doris Mack, MSc (Leiterin Stabsstelle für Qualitäts- und Riskmanagement)
Bilder PK Transkulturelle 9:
Landesrätin Erika Scharer (Landesrätin für Gesundheit und Soziales); Univ.-Doz. Dr. Doris Mack, MSc (Leiterin Stabsstelle für Qualitäts- und Riskmanagement); Herbert Herbst (Assistent der Pflegedirektion, Projektleiter Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus, Kontaktstelle für Dolmetschdienste)
Bilder PK Transkulturelle 13:
Margarete Hader (Pflegedirektorin, Landeskrankenhaus Salzburg);
Bilder PK Transkulturelle 16:
Herbert Herbst (Assistent der Pflegedirektion, Projektleiter Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus, Kontaktstelle für Dolmetschdienste)
Bilder PK Transkulturelle 20:
DGKP Ajet Kastrati (Pflegemitarbeiter der UK f. Neurologie, MigrantInnen-Sprechstunde CDK)
Bilder PK Transkulturelle 21:
DGKP Ajet Kastrati (Pflegemitarbeiter der UK f. Neurologie, MigrantInnen-Sprechstunde CDK) und im Hintergrund links: Herbert Herbst (Assistent der Pflegedirektion, Projektleiter Transkulturelle Kompetenz im Krankenhaus, Kontaktstelle für Dolmetschdienste)
Allgemeine Rückfragen:
Mag. Mick Weinberger
Leiterin PR und Klinikmarketing, Pressesprecherin
Gemeinnützige Salzburger Landesklinik Betriebsges.m.b.H.
Tel: +43 (0) 662 4482–1007
Mobil: +43 (0) 664 604141 1007
presse@salk.at, m.weinberger@salk.at